Matthias: blog
Das Logfile über mein Leben im Netz.

Ich bitte Sie, diese Information im Rahmen Ihrer Möglichkeiten weiter zu verbreiten. Dienstag, 29. August 2006, 18:09:23

Da ist doch tatsächlich grad ein E-Mail mit Schweizer Absender ins Haus geflattert. Das Mail kommt gleich zur Sache, ohne Anrede oder gar Begründung weshalb jetzt ausgerechnet ich angespammtmailt werde:

Bürger-Journalismus, Blogs und Medienforen ermöglichen jedermann, seine Sicht der Dinge zu veröffentlichen. Leider leiden die meisten Texte daran, dass ihre Verfasser kaum Kenntnisse der Grundlagen der Textarbeit aufweisen. Und meist fehlt auch die Zeit, die Gelegenheit, das Geld oder der Wille, eine entsprechende Weiterbildung zu absolvieren.

Au ja. BürgerjournalismusBlogMedienforen sind zwar grad Mode, aber nicht wirklich der Ort, wo man den nächsten Pulitzerpreisträgertext sucht.

Aber das muss man sich mal bildlich vor Augen führen, wie diese armen Texte leiden: Sie winden sich bei jedem Ortogarfiefehler, schreien laut auf wenn die. Interpunktion, nicht so; stimmt, sie zucken und winseln um Gnade, ja betteln und flehen geradezu, wenn -wie gerade jetzt- ein Satz, der doch kurz und prägnant (um nicht zu sagen peppig) daherkommen sollte, sich windet wie - aber Moment, winden hatten wir schon, man soll ja die Wörtli nicht zu häufig wiederholen, sonst nutzen sie sich ab, kurz: Viel zu lang und mit Nebensätzen, Einschüben, Klammern und dergleichen verschandelt ist... wo war ich jetzt?

Um es kurz zu machen: Wir sind alle Textfolterer. Terroristen der Sprache. Kofferbombenträger der Semantik. Dem Genitiv sein Tod. Ab nach Guantanomo!

Aber: Wie in der katholischen Kirche alle Sünden für ein paar Ave Maria (wahlweise Kleingeld) vergessen und vergeben sind, so ist auch hier die Erlösung nah. Auch für uns, die brutalen Textsünder, die wir weder Zeit noch Gelegenheit haben, uns aus den Fängen des Bösen zu befreien, gibt es ganz einfache Rettung:

Aus diesem Grund hat die Schweizer Firma und Effizienz in Printmedien ® (PEP) einen Test programmiert, der eine stetige Verbesserung der Textqualität im Rahmen der Veröffentlichungen ermöglicht. Der Test ist nur bis Ende September kostenlos erhältlich.

Schön schön. Kostet nichtmal ein Rosenkranzbeten. Der "Test" ist dann zwar einfach ein PDF-Dokument. In Acrobat Reader ist das möglicherweise sogar wie versprochen "interaktiv", auch wenn es kein "Test" ist. In meinem FoxitReader jedenfalls ist es ein ganz normales PDF-Dokument. Macht aber nichts. Die Tipps und Gedankenanregungen sind wider Erwarten gar nicht schlecht, auch wenn ich das alles schon seinerzeit im einwöchigen Scientific Writing Course gelernt habe. Und auch wenn Informationstexte -für diese ist der "Test" nämlich gedacht- mit Blogs nicht immer viel gemeinsam haben.

Wem aber wie mir die Zeit fehlt, sich durch das PDF durchzuackern, der macht lieber den Kurztest: Finde den Fehler im von mir zitierten Text. Gefunden? Dann hast Du bestanden und kannst Dir den langen "Test" sparen. Nicht gefunden? Hier geht's lang. Wie hiess es doch gleich? Ich bitte Sie, diese Information im Rahmen Ihrer Möglichkeiten weiter zu verbreiten. Hiermit erledigt. Rechnung folgt.

Was ich allerdings noch immer nicht begriffen habe: Wie kommt die Dame dazu, mir einfach so eine Medienmitteilung ins Haus zu massenmailen, noch dazu mit der Aufforderung das weiterzuverbreiten? Ich kenne die überhaupt nicht, habe nie etwas dort bestellt, und habe auch nie meine E-Mail Adresse angegeben.

Naja, wenigstens fehlt der übliche Verarschungs-Vermerk von wegen Datenschutz oder "Ihre E-Mail stammt aus öffentlichen Quellen im Internet". Wenigstens etwas.